Die kleine Schäferhündin Holly hat sich so gut in die Gemeinschaft und das Leben mit seinen Alltäglichkeiten, Ritualen, Notwendigkeiten und Bewohnern integriert, dass die Geschichte von Holly eigentlich hier zu ende ist. Eigentlich. Einzig die Frage, was nun in der Zukunft mit Holly wird, ist noch offen. Muss oder möchte ich neue Menschen für sie finden? Ich bin mir sicher, dass ein solcher Hund mit Kusshand neue Menschen finden würde. Doch will ich das?
Mein Herz hat sie smart erobert ohne sich aufzudrängeln oder etwas einzufordern. Ich schätze das sehr, denn nur so geht es bei mir. Wir hatten gestern sehr berührende Momente. Beim Impfen wurde eine beginnende Ohrenentzündung festgestellt. Durch den früheren hohen Stresspegel und seinen entsprechenden Hormonen ist Hollys Immunabwehr geschwächt, so dass sie Immunbooster und Ohrentropfen brauchte. Jeden Abend gab es also Dramen beim Verabreichen der Tropfen. Ich holte sogar Rindfleischknochen und Würstchen, um die negativ besetzten Ohrenreinigung positiver zu besetzen. Doch nichts half.
Gestern Abend nun war Holly beim Anblick des Fläschchens so verzweifelt, dass ich schon überlegte, die Therapie abzubrechen. Doch diesen Abend mussten wir da nochmal durch. Ich ließ Holly wissen, dass es kein Weg dran vorbei gibt und wir das gemeinsam hinbekommen müssen. Ich versprach ihr im Gegenzug, es so sanft wie möglich zu machen und die Tropfen nur von oben in ihr Ohr hineinlaufen zu lassen, statt mit dem Applikator tief ins Ohr hineinzugehen. Holly schmiegte sich auf meinen Schoss wie ein kleines Baby. Sie presste ihren Kopf an meine Brust. So konnte ich Ohr für Ohr behandeln. Zwischendurch leckte sie immer wieder mein Gesicht. Viele Kuschel- und Streicheleinheiten und ganz viele Würstchenbelohnungen gab es dann danach.
Für uns beide war das sehr unangenehm. Wir hatten jedoch einen Kompromiss gefunden. Und Holly hatte eines verstanden: Ich will ihr nichts Böses. Doch es gibt Dinge, die wir gemeinsam durchstehen müssen, auch wenn sie doof sind.
Dieses tiefe Vertrauen, diese Zuneigung dieser wirklich zärtlichen und lieben Hündin haben mich sehr berührt. Das Verstehen und Akzeptieren, dass es eine Notwendigkeit ist und ich ihre Angst und Panik verstehe, auf sie eingehe und sie lindere so gut es eben geht.
Es stellt sich nun für mich die Frage: Darf ich dieses Vertrauen tatsächlich durch Weitergabe an andere Menschen wieder verletzen? Holly fühlt sich angekommen. Sie fühlt sich sicher. Sie hat Freunde. Und sie hat letztlich einen Menschen, den sie liebt und respektiert, wie auch der Mensch, ich, sie liebe und respektiere.
Ich werde diese Entscheidung in die Hand des Universums geben. So oder so wird sich zeigen, was sein soll. Solange möchte ich warten.
Eure Claudia