Erst kam Corona, dann die Fraktur eines Fusswurzelknochens. Nichts ging mehr. Doch genauso wie die Frühlingssonne ihre Sonnenstrahlen wärmend und hell ins trübe Wetter wirft, genauso gibt es auch an Krankheiten, die zum äußeren Stillstand zwingen, freudespendende und lichtvolle Aspekte. Davon will ich Euch berichten:
Ganz ehrlich, die ersten Momente, nachdem der Doc sagte, ich solle die nächsten 14 Tage nicht laufen, war schon etwas Verwirrung in meinen Kopf. Mein Leben besteht aus Mobilität. Und zwar nahezu komplett. Was mach ich mit den Hunden? Wer holt Holz rein? Wie mach ich das mit dem Einkaufen? – Ich beschloss, Kompromisse zu machen, um den aktuell wichtigsten Dingen gerecht zu werden. Und es laufen zu lassen, wie es kam. Nach einigen Tagen stellte ich fest, mit wie wenig ein Alltag auch zu gestalten ist. Und was die existentiellen Grundlagen für mich sind. Hunde, Wärme, Nahrung. Als ich das bei einem Zeitlupen-Spaziergang mit Birkenstock so reflektierte, musste ich schon ein bisschen über mich selbst grinsen. Meine Hunde und ihr Wohlbefinden sind wohl schon ziemlich wichtig für mich.
Als das für mich geklärt war und ich wusste, dass ich es hinkriege, genoss ich ehrlicherweise die Terminfreiheit. Nach Jahren ohne Urlaub fühlte es sich schön an, keinen Termin- oder Zeitdruck zu haben. Es war wirklich Urlaubsfeeling. Herrlich.
Die Zeit der eingeschränkten Zeitlupen-Fortbewegung wollte ich positiv für das Training meiner Hunde nutzen. Gerade Jenny und die kleine Julanta können ja richtige Wirbelwinde sein. Wenn Jenny könnte wie sie wollte, würde sie nur in der Gegend umherhetzen, die Eskorte für ihr Frauchen machen und sich um die schönen Dinge des Hundelebens (Schnuppern etc.) kaum bis gar nicht kümmern. Es ist ein uralter Konflikt, den ich mit Jenny habe. Ich möchte, dass sie genießt, ihre Dinge macht, sorglos ist. Sie möchte jedoch viel lieber „aufpassen“, ggfs. melden und eskortieren.
Ihr seht schon: Die Frage, was eine Hundetrainerin macht, wenn sie nicht laufen kann, ist klar beantwortet – sie trainiert ihre eigenen Hunde. :-) Die alte, gütige Josephine benötigt keinerlei Training. Dieser Hund ist einfach nur ein Genuss. Auch im Alter. Ich dachte darüber nach, was mir bleibt, wenn dieser Hund eines Tages geht. Welche wärmenden Momente mir mit den beiden anderen Hunden bleiben, wenn sie weg ist. Ich dachte an all den Ärger, den ich bei der einen oder anderen Gelegenheit empfand, weil Jenny und Julanta eben anders sind. Genau jetzt könnte ich an den (letzten) Ärgernissen arbeiten, an den Dingen, die mich stören, die die Beziehung belasten. Damit mit Josephine nicht auch Wärme in meinem Herzen geht, die allein schon beim Betrachten dieser grauen Schnauze, des ruhigen Wesens entsteht. Sie ist der Gegenpart innerhalb unserer Gemeinschaft.
Dinge lassen sich ändern: Julanta hatte es trainingstechnisch arg getroffen. Durch irgendetwas, was mir entgangen ist, fühlte sie sich kurzzeitig als das Oberhaupt der Gemeinschaft. Da wurde schon mal der Jäger im Wald angebellt oder einmal am Zaun gepöbelt. Als dieser Mini-Hund dann meine gute Josephine anknurrte, weil sie Zuwendung durch mich verhindern wollte, war dann Schluss mit lustig und andere Zeiten brachen an. Was soll ich sagen – es bekommt ihr ausgezeichnet. :-) Julanta ist ein eben Hund, der klare Regeln braucht und mit Niedlichkeitsboni nix anfangen kann.
So entschloss ich mich, auch das Thema Notfall-Pippi-Matte im Badezimmer anzugehen. Julanta war die ersten Jahre ihres Lebens darauf geprägt, innen ihre Geschäfte zu verrichten. Nachdem sie bei mir einzog, hatten wir das gut im Griff und bis auf diese nächtliche Notfall-Matte im Bad soweit unter Kontrolle. Erschwerend bei Julantas Stubenunreinheit durch falsche Prägung und schlechte Gewohnheiten in den ersten Jahren kam ein Faktor hinzu: Julanta liebt es einfach warm unter dem Popo bei ihren Geschäften.
Unsere nächtliche Zweisamkeit ist seit Beginn des Trainings gestört, denn Julanta schläft nicht mehr unter meiner Bettdecke, sondern in einer Box auf meinem Bett. Die in den Wintermonaten entstandene nächtlich-untrainierte Blase hatte in den ersten Nächten schon ein bisschen zu kämpfen und ich musste raus. Ich verlängerte die Zeiten, wann die Box morgens geöffnet wird und inzwischen klappt es sehr gut. Ihr Stoffwechsel hat sich wieder auf „normale“ (Entleerungs-)Rhytmen eingestellt. Ein Weilchen wird Julanta noch nachts in ihrer Box schlafen müssen, doch lieber einen Monat Verzicht, als ein Leben lang morgens Verärgerung, wenn man ins Bad geht. Gewohnheiten lassen sich auch bei Hunden ändern.
Hundetrainer haben keine perfekten Hunde. Und ich möchte, dass ihr das wisst. Auch wir müssen gelegentlich reflektieren und mit unseren Tieren an unschönen Ecken und Kanten arbeiten.
Und heute Morgen, beim Spaziergang, grinste ich bereits zum zweiten Mal in Folge und dachte: So fühlt es sich also für Kunden an, wenn ein Training aufgeht. Wenn sich Erfolg einstellt. Wenn alles gut und besser wird. Julanta ist stubenrein und Jenny kann ruhig das Aufbrechen zum Spazieren und den Spaziergang selbst angehen.
Und das alles verdanke ich der Erkrankung meines Fußes. Ist doch sensationell, oder? ;-D
Eure Claudia