Viele von Euch wissen, dass meine große Liebe nicht nur den Hunden oder Katzen, sondern vielen Tierarten, ganz besonders aber auch meinen Zwerghühnern (Rasse Zwerg Cochin) gilt. Es sind kleine flauschige Federbälle, die mir, meinen Besuchern oder vorbeigehenden Passanten immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Auch den Hahn kennt jeder hier und viele erzählen mir, wie schön sie das Hahnenkrähen empfinden. Es ist eben Natur, sagen die Leut.
Jedes Jahr erlebe ich mit, wie der Hahn sich um seine Hennen bemüht, ihnen Nester zeigt, sie anlockt, damit sie ihr Ei hinein legen. Jedes Jahr erlebe ich die Freuden der Aufzucht der Kleinen, wenn die Mamis drei Wochen tapfer und fleissig gebrütet haben. Ich unterstütze sie nach Kräften bei ihrem anstrengenden Job. Jede Hühnermama ist anders in der Aufzucht des Nachwuchses. Ich erlebe dabei Geschichten, die mich immer wieder zum Nachdenken anregen. Meine isabellfarbene „Wohnzimmer-Henne“ zum Beispiel hat dieses Jahr dreimal versucht, Eier auszubrüten. Doch jedes Mal musste sie ihr Gelege aufgeben, weil sie völlig entkräftet und ausgezehrt war, weil Rote Vogelmilben nachts heimlich ihr Blut tranken. Sie gab nie auf, stärkte sich in meiner Küche und bei ihren täglichen Besuchen bei mir in der Hütte erzählte sie mir, wie gerne sie noch in diesem Jahr Mama werden würde. Ein bisschen wirkte es schon nahezu besessen. So suchte sie sich ein Eckchen am Haus, hinter einem Holzregal versteckt, und begann erneut zu brüten. Doch Enna, eine Gasthündin, entdeckte die Henne voller Freude, und stahl ihr in einem unbeobachteten Momente einige Eier unter dem Popo weg. So nahm ich die kleine weisse Henne mit in den Vorflur, platzierte sie in der Besenkammer und ich war voller Freude, als sich nun endlich, wenn auch recht spät im Jahr, der Wunsch meiner Henne nach Mutterschaft erfüllte. Gasthündin Enna bekam einen strengen Verweis mit der Androhung von Hausverbot. Sie hat die Ernsthaftigkeit meines Verbotes inzwischen verstanden
So groß die Freude über die frischgebackene Hühnermama und ihr Nachwuchs auch war, so traurig ist die Geschichte der anderen Henne, die all ihre Küken, bis auf eines, verlor. Es war eine Auftragsbrut und ich hatte die Eier einer speziellen, recht empfindlichen Huhnart unter Amy, meiner ältesten Glucke und einer hübschen bunten erfahrenen Henne aufgeteilt. Die Küken schlüpften. Während Amy mit ihrer Kükenbande wohlauf war, verlief es bei der bunten Henne nicht so gut. Eines Morgens waren alle ihre Küken bis auf eines tot. Vielleicht waren auch hier die Vogelmilben verantwortlich, es gab keinen ersichtlichen Grund. Ich nahm das verbliebene schwache Küken und setzte es zu Amy, damit es nicht alleine aufwachsen muss und die bunte Henne abschliessen und „ein neues Leben“ beginnen könne. Was ich dann beobachtete, war einfach zutiefst erschütternd. Die ganze Nacht, den ganzen Tag wachte die Henne unter und neben dem Aufzuchtsgehege, in dem sie „ihr“ Küken bei einer anderen Mama hörte. Das Kleine schaffte es leider nicht und als es in den letzten Atemzügen war, zeigte ich es ihr, legte es unter ihren Bauch, damit die zwei einfach noch einmal zusammen sein konnten. Ich liess ihnen Zeit und als ich wiederkam und es wegtrug, rannte mir die Henne voller Verzweiflung hinterher, wohl wissentlich, dass ich ihr Baby in den Händen hielt.
Ein bisschen brach mein Herz und ich hätte weinen mögen. Jeder emphatische Mensch kann Trauer, Verzweiflung eines Tieres sehen und spüren. Solche tiefen Gefühle bei diesem Huhn zu sehen, verbunden mit unverkennbarem Trauerverhalten, ist schon immens schockierend. Wenn die Gedanken dann weitergehen und ich darüber nachdenke, wie der Mensch diese Tiere in Massentierhaltung quält, ausbeutet, missbraucht, was alles auf dem Transport zum Schlachter oder in der Schlachtung geschieht, dann wird mir schlecht. Ein Huhn ist genauso individuell wie eine Katze, ein Hund. Und genauso wie ebenjene hat es Gefühle. Es freut sich, es ist wütend und es kann trauern.
Wenn wir achtsamer mit den Lebewesen um uns herum umgingen, es wäre eine umso viel bessere Welt. Und diese wünsch ich uns allen.
Eure Claudia